Bei­trag vom 14. Februar 2019

Reise- und Lebensziele haben den gleichen Flow

„Denn das ist es meist: Der erste Schritt“

 

„Wohin soll die Reise gehen?“ manchmal starte ich mit dieser Frage in der ersten Coaching Session bei meinen Kunden. Die Antworten sind oft sehr ähnlich, unterscheiden sich aber in zwei Ansätzen. Die einen kommen mit einem sehr konkreten Ziel ins Coaching. Andere hingegen kennen ihr Ziel nicht, können lediglich eine Richtung nennen. Beides ist in Ordnung, denn beides kennen wir auch aus der Reisewelt. Für den einen ist es Rügen, mit dem Ziel die Seeluft zu tanken. Für den anderen ist es eine Auszeit in Südamerika, ohne einen genauen Fahrplan zu haben. Vom Standby auf Start umzuschalten, heißt nichts anders als sich das zu erlauben, was einem wirklich guttut.

 „Schritt für Schritt ankommen“

 

Also starten wir unsere Reise und wagen den ersten Schritt aus der Komfortzone. Doch die ersten Hindernisse lauern meist schon um die Ecke. Wir haben vergessen zu tanken, stecken im Stau fest, müssen Umwege fahren oder Zwischenziele in Kauf nehmen. Hindernisse, die keiner braucht, aber jeder kennt. Das Flugzeug muss enteist werden. Bei der Deutschen Bahn fallen die Klimaanlagen aus. Irgendwas ist immer …

„Umdenken hilft beim Fahrplan erstellen“

 

… neulich erst bei mir. Offensichtlich hatte ich mal wieder nichts vom streikenden Sicherheitspersonal am Düsseldorfer Flughafen mitbekommen, denn bereits an den Eingangstüren empfingen mich die Schlangen wartender Passagiere. Optimistisch mein knappes Zeitfenster würde genügen, reihte ich mich ein. Und als ich es dann endlich nach einer gefühlten Ewigkeit und völlig abgehetzt zum Abfluggate geschafft hatte, teilte mir die Mitarbeiterin der Airline freundlich, aber bestimmt mit, dass der Flieger heute leider über bucht sei, und weil ich es nicht rechtzeitig geschafft hatte, jetzt in Düsseldorf stehen blieben müsste und auf eine spätere Maschine gebucht sei.

 

Echt jetzt? schoss es mir gleichzeitig mit einer aufkommenden Hitze durch den Kopf. Interessierte hier irgend jemanden was aus meinem Termin in München würde? jammerte ich still weiter. Ne, es interessierte hier keinen, beantwortete ich mir selber meine Frage. Das Hindernis, mich nach München zu kriegen, hatte die Fluggesellschaft geregelt. Das ich damit meinen Termin nicht mehr halten konnte, darum musste ich mich kümmern.

Genervt nahm ich auf einem der Stühle in der Abflughalle Platz und schon meldete sich eine innere Stimme. Und zwar die, die sowieso immer alles besser wusste. „Wieder mal zu spät zum Flughafen gefahren?“ und „Wer fliegt schon, wenn Streiks angesagt sind!“ und „Jetzt stehst du ziemlich blöd da bei deiner Kundin“ kreiste das Gedankenkarussell. Mein Blick ging starr auf das Rollfeld, wo gerade „meine“ Maschine vom Finger ablegte. Es half nichts, ich musste da jetzt durch.

Ich holte dreimal tief Luft und sortierte mich. Mein Gefühlschaos von Wut und Verzweiflung gepaart mit der eigenen Bewertung, wie ich das jetzt vermasselt hatte, durchströmte meinen Körper und vermutlich hatte meine Gesichtsfarbe bereits ein tiefes Rot angenommen. Dieses Gefühl war mir sehr vertraut. Und dabei war es egal ob es sich um Lebens- oder Reiseziele handelte. Sehr oft folgen sie demselben Automatismus.

Hindernis – schlechtes Zeitmanagement – Ärgern – wenig Durchhaltevermögen – stilles Jammern.

Und im besten Fall noch nach einem Schuldigen suchen. In dem Fall war das natürlich die Airline. Dass das nur die halbe Wahrheit war, weiss ich inzwischen. Hätte ich mich mal um die angekündigten Streiks gekümmert und mehr Zeit eingeplant, dann wäre ich rechtzeitig am Schalter gewesen und würde im Flieger nach München sitzen.

 

Was war also passiert?

Ganz oft betrachten wir solche Lebenssequenzen mit seinen ganzen Widrigkeiten nicht als neutrales Hindernis, sondern wir lassen zu, dies zu einer emotionalen Achterbahnfahrt werden zu lassen. Ich spürte wie ich wertvolle Energien und Ressourcen verschwendete, die ich lieber für meine Kundin nutzen wollte. Also hörte ich auf, mich zu ärgern und zu jammern und kramte nach meinem Handy.

Nach einem tiefen Seufzer rief ich meine Kundin an. Nach wenigen Minuten legte ich erleichtert auf, suchte mir ein ruhiges Plätzchen bei Starbucks und klappte meinen Laptop auf. Meine Kundin steckte ebenfalls im dicksten Berufsverkehr von München. An der nächsten Gelegenheit parkte sie ihr Auto, suchte sich ein Café und wir besprachen alles über Face-Time. Es wurde eine großartige Coaching Session.

Aus einer Emotion können wir in der Regel schwer eine rationale Entscheidung treffen“

 

Wenn du verreisen genauso liebst wie ich, dann fange noch heute damit an Hindernisse, die dir zu deinen Lebenszielen im Weg stehen, weg zu räumen. Mit dem ersten kleinen Schritt. Beginne umzudenken, sortiere dein Gefühlschaos und verschaffe dir immer wieder einen klaren, neutralen Überblick auf die jeweilige Situation.

 „Ohne Übung wenig Erfolgsaussichten“

 

Ich weiss, dass wir manchmal sehr schnell reagieren müssen. Das erleben wir alle täglich in unserer immer schneller werdenden Welt. Aber ich weiss auch, je öfter wir Neues üben, um so schneller gelingt es uns. Wie bei dem Erlernen einer Fremdsprache. Ohne Vokabel Pauken wird es schwierig bleiben, beim nächsten Urlaub in der Landessprache zu bestellen.

Fange heute damit an, übe und denke um. Starte in privaten Situation.  Alltägliches Beispiel – die Schlange an der Supermarktkasse oder in Mittagspause in der Kantine. Was könntest du in der Zeit machen, während du dort stehst, außer auf dein Handy zu schauen? Meditation, Atemübung, ein Lächeln zu den Mitwartenden? Ich bin mir sicher, du wirst etwas erleben, womit du nicht gerechnet hast.

 

Was sich für mich und meine Kundin an dem Tag gut angefühlt hat, wird beim nächsten Mal vielleicht nicht mehr funktionieren. Deshalb ist es so wichtig, dass wir jeden Tag ein bisschen mehr lernen, wie wir besser mit Hindernissen zurechtkommen. Und zwar im besten Fall so, dass sie sich stimmig für uns und unser Gegenüber anfühlen.